„Ich wär so gern ein Qubit“, sagt meine Freundin. „Mir wär immer warm und kalt zugleich, ich wär lustig auch wenn ich traurig bin, wär in Berlin und auf Pluto, Du machst Sport und ich bleib fit.“
Hm, ich glaub‘ sie hat da was falsch verstanden…..oder?
Aber ganz von vorn – Es ging doch um Quantencomputer…
Also, was ist Quantencomputing und was soll das mit dem Qubit eigentlich?
Alle Computersysteme beruhen auf der grundlegenden Fähigkeit, Informationen zu speichern und zu manipulieren. Aktuelle Computer und Supercomputer manipulieren einzelne Bits, die Informationen letztlich als binäre 0- und 1-Zustände speichern – typischerweise in Transistoren mit negativ- oder positiv-geladenen Elektronen (kurz gesagt 0=Strom aus, 1=Strom an). Aus diesen Binärwerten lassen sich letztlich sämtliche Zahlen bzw. Zeichen in einem Computer abbilden und mit ihnen operieren.
Quantencomputer nutzen quantenmechanische Phänomene, um Informationen abzubilden und zu manipulieren. Dazu sind sie auf Quantenbits, oder Qubits, angewiesen. Quantencomputing funktioniert also anders: Denn während ein normaler Transistor immer nur eine 0 oder 1 in einem Bit speichert, kann ein Qubit beides gleichzeitig sein. Also 0 oder 1 oder beides zur selben Zeit. Also hellblau und rosa, warm und kalt, nah und fern – deshalb ist ein Quantenrechner auch mit deutlich weniger Qubits deutlich schneller als klassische Computer oder Supercomputer mit ihren Bits.
Kurzer Exkurs: Computer/Supercomputer vs. Quantencomputer, oder: Warum eigentlich Quantencomputer notwendig sind?
„Normale“ Computer und Supercomputer (welche neben anderen Eigenschaften insbesondere einen Haufen mehr CPUs und RAM als traditionelle PCs aufweisen) übertragen Strom per Leiterbahnen, die typischerweise aus Kupfer bestehen und auf einer Platine angebracht sind und Stromzustände in sogenannten Transistoren speichern. Per Naturgesetz – rein physikalisch – lassen sich Elektronen, also die Stromteilchen, die einfach eine gegebene Größe haben, nicht auf kleineren Leiterbahnen übertragen oder in Transistoren speichern (die ihre eigene Größe unterschreiten). Aufgrund der Endlichkeit der Miniaturisierung mussten also Alternativen gefunden werden, um schneller rechnen zu können. Der Break-Even, also Schwellenwert, ab wann die Quantenmechanik die physikalische Computertechnik schlägt, wird von den Forschern mit gut 50 Qubits angegeben; dies ist die sogenannte Quantenüberlegenheit (engl. Quantum Supremacy).
Quantencomputing ist also keine Frage des ob, sondern des wann – und von wem. Der schnellste Computer bzw. Supercomputer wird jedes Jahr übrigens neu ermittelt und eine Top500 Liste erstellt. Der auch in 2020 mit Abstand schnellste und gleichzeitig energieeffizienteste Superrechner ist der Summit von IBM. (https://de.m.wikipedia.org/wiki/TOP500)
Quantencomputer sind also in der Lage mittels Qubits anstatt Bits Informationen zu verarbeiten und können dadurch weit mehr Operationen in der selben Zeit durchführen bzw. Daten verarbeiten als ein (Super)Computer. Bei der gleichen Anzahl von Bits vs. Qubits ergeben sich dramatische Unterschiede: 8 Bits können im Computer bspw. genau eine Zahl zwischen 0 und 255 speichern (11111111 in Binär = 255 im Dezimalsystem). Bei 8 Qubits könnten alle 256 Zahlen gleichzeitig gespeichert werden. Wird ein Qubit addiert, sind das schon 1024 Möglichkeiten. Mit einem weiteren Qubit haben wir schon 2048 Möglichkeiten. Nur 34 Qubits reichen aus, um mehr als 10 Milliarden Werte gleichzeitig darzustellen. 53 Qubits speichern etwa zehn Billiarden verschiedene Kombinationen. 53 Bits würden nur 53 Werte speichern.
Möglich wird die hohe Rechenleistung einerseits durch Superposition von Qubits, also der Überlagerung von Zuständen von Teilchen (hier kommt übrigens „Schrödingers Katze“ aus dem Titelbild ins Spiel) und andererseits durch Quantenverschränkung, also der Kombination bzw. dem System mehrerer Teilchen, die ein Ganzes bilden und einen wohldefinierten Zustand einnehmen (auch über jedwede Entfernung hinweg, selbst Lichtjahre, und ohne dass man auch jedem einzelnen Qubit bzw. Teilsystem selbst einen eigenen wohldefinierten Zustand zuordnen könnte).
Das Ganze ist in der Tat höchst komplex – und hier in diesem Artikel konnte ich nur begrenzt auf die Hintergründe und Grundlagen der Quantenphysik eingehen – und nicht nur die Infrastruktur, sondern auch die Anwendungsentwicklung erfordert neue Skills der Ingenieure und Entwickler. Unter anderem bietet IBM für Einsteiger in das Feld diverse Lerninhalte und eine Python-basierte API an: Qiskit. https://qiskit.org/textbook/preface.html
Wo haben Quantensysteme ihre Stärken?!
Quantencomputer sind beispielsweise beim Shor-Algorithmus, also der Primfaktorzerlegung, und beim Grover-Algorithmus, der Suche in riesigen unsortierten Datenmengen bzw. im Durchsuchen von Datenbanken, klassischen Computern überlegen. Überall wo keine parallelen Berechnungen oder alternative Entscheidungsmatrizzen o.ä. relevant sind, eignen sich Computer/Supercomputer besser, wie bspw. beim synchronen bzw. linearen streamen eines Videos.
Eines der ersten kommerziellen Quantensysteme kam Anfang 2019 von IBM – der IBM Q System One: https://techcrunch.com/2019/01/08/ibm-unveils-its-first-commercial-quantum-computer/
Der Pionier der Quantencomputer unterstützt unter Verwendung von Quantentechnologie Daimler dabei E-Autos bzw. Batterien für elektronische Fahrzeuge auf das nächste Level zu heben (https://www.ibm.com/blogs/research/2020/01/next-gen-lithium-sulfur-batteries/), das Fraunhofer Institut dabei, ein Europa-weit einmaliges Quantenforschungsnetzwerk in Betrieb zu nehmen, um etablierte Partner aus Forschung und Industrie unter dem Dach einer Forschungsinfrastruktur von Fraunhofer-Instituten in den den USA und Deutschland zusammenzubringen (https://www.datacenter-insider.de/fraunhofer-sichert-sich-zugriff-auf-ibm-quantencomputer-a-913665/) und hat im Kampf gegen COVID-19 binnen 2 Tagen 8000 Arzneimittelverbindungen untersucht (was sonst mehrere Monate gedauert hätte) um die 77 erfolgsversprechendsten Kombinationen für die Impfstofferstellung gegen das neuartige Coronavirus zu finden (https://www.olcf.ornl.gov/2020/03/05/ornl-team-enlists-worlds-fastest-supercomputer-to-combat-the-coronavirus/).
Qubits sind also bereits heute eine überaus hilfreiche, vielversprechende Entdeckung deren Potenzial noch nicht ansatzweise abgeschätzt werden kann – die Entwickler, die sich damit auskennen sind kaum auffindbar und jeder, der jetzt in die Materie einsteigt, darf sich künftig wohl einer immensen Nachfrage erfreuen. Aber nicht nur die Nachfrage nach Personal im Quantencomputing Space ist immens groß, auch die Anzahl der noch zu lüftenden Rätsel der Quantenebene sind gigantisch. Und mittlerweile wird sogar an Qutrits und Ququarts gearbeitet. https://t3n.de/news/forschung-fuer-quantencomputer-1188888/